Flüchtlinge in Eimsbüttel willkommen – aber leider nicht bei allen

Felix Pithan

Bericht von Felix Pithan über die Informationsveranstaltung des Bezirksamts Eimsbüttel zu der Errichtung der Flüchtlingsunterkunft Lokstedter Höhe. Entnommen der Website Felix Pithans.

Heute abend war ich bei einer Informationsveranstaltung des Bezirks Eimsbüttel zur neuen Flüchtlingsunterbringung in Lokstedt. Auf einem bisherigen Park-and-Ride Parkplatz wurden in den letzten Tagen Container aufgebaut, in die morgen die ersten von ca. 200 Geflüchteten vor allem aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion einziehen werden.

Zur Veranstaltung in der Aula einer Grundschule waren etwa 300 AnwohnerInnen, Interessierte und antirassistische AktivistInnen und zahlreiche PressevertreterInnen erschienen. Drei PolizistInnen im Saal waren laut VeranstalterInnen nicht zum Schutz der Veranstaltung vor Ort, sondern informierten sich als lokal zuständige Polizisten über die Pläne im Stadtteil.

Zu Beginn erklärte der Bezirksamtsleiter von Eimsbüttel, Torsten Sevecke, warum die Entscheidung über die Unterbringung und damit auch die Information der Anwohner so kurzfristig erfolgt war. Nachdem die Pläne, in einem Gewerbegebiet im Offakamp eine Containerunterkunft zu errichten, vor Gericht gescheitert sind, bleiben Hamburg nur wenige kurzfristig verfügbare Flächen übrig – eine solche war eben der Parkplatz nahe des U-Bahnhofs Hagenbeck, der in etwa zwei Jahren ohnehin mit Wohnungen bebaut werden soll. Eimsbüttel ist bisher übrigens der Bezirk Hamburgs, der die wenigsten Flüchtlinge pro EinwohnerIn aufnimmt.

Zu Beginn war die Stimmung von immer wieder erhobenen Vorwürfen der (zu) späten Information der AnwohnerInnen geprägt. Die Verwaltung habe die AnwohnerInnen vor vollendete Tatsachen gestellt und ihnen keine Möglichkeit gegeben, zu reagieren, meine ein aufgebrachter Teilnehmer. Solche Beiträge erhielten eine Menge Applaus – auf den durch den Saal gerufenen Einwurf, was eine frühere Information denn geändert hätte, gab es dann aber keine Antwort mehr. TeilnehmerInnen der Veranstaltung wollten wissen, warum denn nicht auf diesem oder jenem anderen Grundstück Flüchtlinge untergebracht würden – entweder waren die entsprechenden Grundstücke nicht kurzfristig verfügbar, oder solche Pläne wurden tatsächlich schon geprüft. Einer beschwerte sich, die AnwohnerInnen fühlten sich durch die Anwesenheit der Medien bedroht – was der Bezirksamtsleiter souverän mit dem Verweis auf die Presse- und Rundfunkfreiheit zurückwies. Wir lebten ja in einem freien Land, und auch Menschen außerhalb der Veranstaltung interessierten sich für die diskutierten Fragen.

Im Laufe der Zeit kamen dann mehr AnwohnerInnen zu Wort, die die Aufnahme der Flüchtlinge unterstützten und nachfragten, wie sie denn selbst dazu beitragen könnten. Einige boten an, sich bei der Organisation nachbarschaftlicher Kontakte, mit Sachspenden, Hausaufgabenhilfen und öhnlichem einzubringen. Später kamen dann noch konkrete Fragen auf, wie die in der Unterkunft lebenden Kinder zur Schule kommen und welche Unterstützung die Geflüchteten durch den Unterkunftsbereitsteller Fördern und Wohnen bzw. durch die Behörden erhielten. Die VerwaltungsvertreterInnen erweckten dabei im großen und ganzen den Eindruck, die Geflüchteten würden gleichberechtig entsprechend des deutschen Sozialsystems versorgt. Das wäre ja schön, stimmt aber an vielen Ecken und Enden nicht. Nach wie vor gibt es rassistische Sondergesetze wie die Residenzpflicht und das Asylbewerberleistungsgesetz, nach dem Geflüchtete noch schlechter gestellt werden als Hartz-IV-EmpfängerInnen.

Der Vorsitzende der Linksfraktion in der Bezirksvertretutung Eimsbüttel, Hartmut Obens, begrüßten die zahlreichen Hilfsangebote und rief die skeptischeren unter den AnwohnerInnen dazu auf, auf die neuen NachbarInnen zuzugehen und sich für den Hintergrund der Geflüchteten zu öffnen. Dann würden sie schon zu der Überzeugung gelangen, Menschen auf der Flucht nicht als Bedrohung wahrnehmen zu müssen.

Der Bezirksamtsleiter bekam breiten Applaus für die Erklärung, man habe sich bewusst gegen einen Zaun um die Unterkunft entschieden – auch als Signal: Das sei in Eimsbüttel doch anders als in anderen Teilen Deutschlands auch wirklich nicht nötig, und diese Freiheit wolle er verteidigen. So endete die Versammlung fast harmonisch – aber als ich gerade mein Fahrrad aufschließe, höre ich noch einen Gesprächsfetzen mit: “Ich habe ja schon Angst um meine Sicherheit. So viel Aggression, das ist ja nicht nur untereinander, sondern wendet sich auch nach außen. Aber ich stell’ mich doch da nicht vor die Kameras und sage das.”

Ja, Rassismus gibt es auch in Eimsbüttel. Aber es sieht so aus, als sei er nicht die dominante Reaktion auf den Bau einer Flüchtlingsunterkunft. Das ist heutzutage in Deutschland ja leider schon eine gute Nachricht. Für die notwendige Kritik an der deutschen Flüchtlings- und Abschiebepolitik und Vorschläge für eine vernünftige, dezentrale Unterbringung von Geflüchteten in Hamburg wird dann auf der Veranstaltung der Linksfraktion am Dienstag, 17. September um 19 Uhr im „NewLivingHome“, Julius-Vosseler-Str. 40, Platz sein.