Beitritt zur Kampagne: Vermögensteuer jetzt! - Antrag mit fadenscheinigen Begründungen abgelehnt!

Astrid Dahaba

Vorbemerkung: Linksfraktion stellt Antrag zur Vermögensteuer – mit fadenscheinigen Begründungen abgelehnt!

Auf der Sitzung der Bezirksversammlung Eimsbüttel am 27. September 2012 legte die Linksfraktion ihren Antrag  „Vermögenssteuer jetzt“ vor, den Astrid Dahaba begründete und auf ebenso humorvolle wie ernsthafte Weise den gesellschaftspolitischen Skandal anprangerte, dass die Schere zwischen Arm und Reich in der Bundesrepublik auf bisher undenkbare Weise auseinandergeklafft ist und sich diese Entwicklung weiter verschärft.

Dass CDU und FDP dieses Ansinnen ablehnen, ist nicht weiter verwunderlich, und so verhielten sie sich auch in der Diskussion: Teils arrogant und zynisch (Ovens, CDU), teils formal (Schmidt, FDP) suchte man die Berechtigung und Notwendigkeit dieses Anliegens abzuwimmeln. SPD und GAL, immerhin Unterstützer der „UmFAIRteilen“-Kampagne, die die Einführung einer Vermögenssteuer fordert, mochten nicht direkt gegen dieses Anliegen anreden, zogen es aber vor, durch Stimmenthaltung den Rechtsparteien das Feld zu überlassen.

Aber auch an diesem Abend zeigte sich: Ohne DIE LINKE in der BV würden wichtige Themen ausgeblendet und die Bezirksversammlung würde tatsächlich zu dem verkommen, was sich manche angepassten Politiker wünschen: Zum „Kuschelparlament“.

 

Rede zum Antrag der LINKEN in der Bezirksversammlung Eimsbüttel vom 27.09.2012: Beitritt zur Kampagne: Vermögenssteuer jetzt!

von Astrid Dahaba

Sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrte Damen und Herren,

DIE LINKE ist dafür bekannt, dass sie sich gegenüber Menschen solidarisch verhält, die aufgrund ihrer Einkommensverhältnisse ins Abseits der Gesellschaft geraten. So gesehen üben wir globale (weltweite) Solidarität mit 1.226 Familien, wovon 425 in den USA und 78 in Russland leben. Von den 100 Familien in Deutschland leben 8 davon in Hamburg (Spiegel online v. 7.03.2012 lt. Forbesliste).

Diese Familien fallen irgendwie nicht auf, man muss sie suchen, um ihre Behausung zu finden. Sie leben sehr zurückgezogen in ihrer eigenen Welt. Das Getto ist weiträumig mit einem Zaun abgeriegelt. Sie kommen selten raus. Deshalb bekommt man sie kaum zu Gesicht.

Nun fragen Sie sich wahrscheinlich: Warum muss DIE LINKE ausgerechnet mit dieser Randgruppe Solidarität üben? Was ist das Besondere an ihr? Nun, das kann ich Ihnen sagen: Sie sind nämlich sehr unglücklich. Sie sind sogar so unglücklich, dass sie sich zu einer Initiative zusammengefunden haben und den Staat händeringend anflehen: Nehmt uns die Millionen! Bitte! Wir wissen nicht mehr wohin damit. Doch der Staat hat kein Einsehen. Deshalb hat sich DIE LINKE dieser Klientel angenommen.

Aber nicht nur wir, sondern auch regelmäßig der TV-Sender RTL II. Eine seriöse Reportage zeigt eine glamouröse Familie: die Geissens. Als Reportage bezeichnet man im Journalismus eine Darstellungsform, die nah dran ist am Geschehen und die Schicksale der Personen anschaulich machen. Und diese Reportage, die ich regelmäßig gucke, geht mir sehr nah. Ich sehe nämlich die Verzweiflung der Eheleute in ihren Gesichtern und ihren Handlungen: Die Ehefrau hat Schuhe bis unter das Villendach, der Ehemann hat Autos bis unter das Garagendach. Man fliegt mal eben mit dem Privatjet nach Sylt, um dort angewidert festzustellen, dass es dort Quallen und Wattwürmer gibt oder man fliegt mal eben nach Las Vegas, um dort zu zocken und zu gewinnen. Dann geht das Drama wieder von vorne los! Wie kann das Geld verjubelt werden? Dies ist eine sehr herausfordernde Aufgabe und ein bedeutungsschweres Schicksal. Das können wir, DIE LINKE, nicht länger mit ansehen, und deshalb wollen wir helfen.

Doch nicht wir allein wollen den gebeutelten 100 Milliardären in Deutschland helfen, sondern auch eine Vielzahl von außerparlamentarischen Gruppen, darunter Attac, soziale Verbände und Gewerkschaften. Sie setzen sich gemeinsam im Bündnis „Umfairteilen“ für die Einführung einer Vermögensabgabe zur gerechten Beteiligung großer Vermögen an der Finanzierung der Krisenlasten ein.

Hamburg ist eine der reichsten Metropolen Europas. In dieser Stadt leben über 43.000 Millionäre (Wikipedia) und 8 Milliardäre (Spiegel online). Gemessen an der Bevölkerung hat Hamburg die höchste Millionärsdichte. Während die öffentlichen Kassen leer sind und der Gürtel immer enger geschnallt werden muss, nimmt das Privatvermögen in Hamburg pro Minute um 24.000 Euro zu (Laut der Vermögensuhr des DGB).

Das private Vermögen in Hamburg liegt aktuell bei 220 Milliarden Euro und ist damit mehr als acht Mal so hoch wie die Verschuldung der Stadt, die bei 25 Milliarden Euro liegt. Zitat: „Es gilt, dieses Ungleichgewicht aufzuheben, denn dann würde das Klagen über die Haushaltsnöte auf einen Schlag aufhören“, so DGB-Chef Uwe Grund. Durch eine Vermögenssteuer würde Hamburg jährlich bis zu einer Milliarde Euro einnehmen. Damit wäre der Hamburger Haushalt ausgeglichen (bereinigte Einnahmen 10,6 zu Ausgaben 11,6 Milliarden Euro) und der Senat bräuchte beispielsweise nicht bei der offenen Kinder- und Jugendarbeit zu kürzen sowie das Personal in den Bezirksämtern auszudünnen! Und wohlgemerkt: Die Reichen würden diese Abgabe gar nicht merken, für sie wären es nur Peanuts. Die Geissens stehen natürlich nicht stellvertretend für alle Millionäre, aber für einige. Es gibt milliardenschwere Unternehmer, die sich für die sozialen Belange einsetzen. Doch dieses Mäzenatentum bleibt freiwillig. Ich bin der Meinung, dass der Staat oder das Land entscheiden sollte, wo das Geld eingesetzt wird, nämlich dort, wo der Schuh am heftigsten drückt. Dies sollte keine Entscheidung von einem Einzelnen sein.

Nun höre ich schon die Stimmen der CDU, die dagegen argumentieren: Über die Hälfte der Einkommenssteuer werden von den oberen 10 Prozent getragen. Die Leistungsfähigkeit des Ertrages, also der Einkommenssteuer, der Sondersteuer auf besonders hohe Einkommen, der Solidaritätszuschlag und Kapitalerträge, werden schon jetzt hoch besteuert. Bei der Wiedereinführung der Vermögenssteuer soll noch zusätzlich das Eigenkapital der Unternehmen versteuert werden – zumal bei den 20 reichsten Hamburger Unternehmen, das Eigenkapital dazu dient, Arbeitsplätze zu schaffen. Wenn man jetzt die Unternehmen besteuern würde, dann würde man die Substanz der Unternehmen, sprich das Eigenkapital, verteuern, das schon sowieso das niedrigste im OECD-Vergleich darstellt.

Meine Damen und Herren der CDU, ich glaube, dass ich Ihnen mit dieser Argumentation aus Ihrer verwundeten Seele gesprochen habe.

Aus dem vierten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung geht tatsächlich hervor, dass zehn Prozent der Haushalte mehr als die Hälfte des gesamten Vermögens besitzen, doch der entscheidende Halbsatz heißt: während die untere Hälfte gerade mal über rund ein Prozent des Wohlstands verfügt. Hinter diesen Zahlen, so heißt es im Bericht, steckt "eine sehr ungleiche Verteilung der Privatvermögen". Ich frage Sie, wie das kommt? Können Sie sich vorstellen, dass eine Friseurin an diesem Reichtum partizipiert? Auf wessen Kosten wurde das Privatvermögen angereichert? Wirklich reich wird man nur, wenn man erbt und das Kapital oder andere Menschen für sich arbeiten lässt und sie gering bezahlt. Hohe Managergehälter gehen im Buchungsposten der Personalausgaben in jeder Bilanz unter, und so wird privates Vermögen Jahr für Jahr angereichert. Selbstverständlich wollen wir die kleinen und mittleren Betriebe unterstützen, deshalb wollen wir bis zu einer bestimmten Grenze das Betriebsvermögen schonen.

Insgesamt hat sich der private Besitz zwischen Anfang 1992 und Anfang 2012 von knapp 4,6 auf rund 10 Billionen Euro mehr als verdoppelt. Diese vielen Nullen kann man gar nicht mehr zählen. Zugleich verkleinerte sich das Vermögen des Staates. Zwischen 1992 und 2012 ist es um mehr als 800 Milliarden Euro geschrumpft.

Das ständige Jammern über die desolate Haushaltslage bringt uns allerdings nicht weiter. Leider wird fast jeder vernünftige Vorschlag zur Erhöhung der Einnahmenseite vonseiten der CDU und FDP abgewiesen. Dieses Verhalten ist höchst unglaubwürdig und steigert die Politikverdrossenheit.

Bereits 2002 schrieben 16 deutsche Millionäre, die sich für die Vermögensteuer einsetzten – Zitat –: "Es beschämt uns, wenn der Eindruck entsteht, wir Vermögenden sähen uns wegen unseres Reichtums von der Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung ausgenommen. Das Gegenteil ist der Fall: Für uns gilt, wer mehr hat, kann und sollte auch mehr geben." Auch der Hamburger Reeder Peter Krämer hat sich vehement für die Wiedereinführung der Vermögenssteuer eingesetzt. 77 Prozent der Deutschen (lt. einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im April 2012) unterstützen diese Forderung.

Deshalb, meine Damen und Herren, bitte ich Sie, unserem Antrag und der Kampagne „Umfairteilen – Vermögenssteuer jetzt!“ beizutreten. Andere Kommunen haben sich diesem Bündnis schon angeschlossen.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Astrid Dahaba,
für die Fraktion DIE LINKE

 

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