Vorstellung des Wohnungsbauprogramms 2013/2014

Hartmut Obens
 Beiträge Hartmut Obens StaPla Thema: Wohnungspolitik

von Hartmut Obens, Fraktionsvorsitzender und Mitglied im Stadtplanungsausschuss

Auf der STAPLA-Sitzung am 15. Oktober wurde der Entwurf zum mittlerweile dritten Wohnungsbauprogramm für Eimsbüttel vorgestellt. Man kann den AutorInnen aus dem Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung bescheinigen, dass es sich hierbei um ein ernsthaftes und aussagefähiges Konzept handelt, das die bestehenden Problemlagen und Defizite der Eimsbütteler Wohnungsbauentwicklung klar beim Namen nennt und als Bezirksverwaltung an den richtigen Hebeln ansetzt, um auf die weitere Entwicklung Einfluss zu nehmen. Natürlich nur soweit, wie der kapitalistische Wohnungsmarkt in Hamburg  es "zulässt". Eine grundsätzliche Schwäche des Konzept bleibt die Vernachlässigung des Themas "Erhaltung bezahlbaren Wohnraums durch sozialverträgliche Instandhaltungs- und Modernisierungskonzepte", ist es doch eine Fiktion, die Schaffung günstigen Wohnraums nur an den (profitorientierten!) Bau neuer Wohnungen zu binden, wie Senatorin Blankau und Bürgermeister Scholz es fortwährend herausposaunen.

Zunächst rühmt sich das Bezirksamt damit, bereits im dritten Jahr nach Inkrafttreten  des "Vertrags für Hamburg" das bezirkliche "Soll" von 700 (wohlgemerkt: genehmigten, nicht gebauten ) Wohneinheiten übererfüllt zu haben. Im öffentlich geförderten Wohnungsbau sind die "Erfolgsmeldungen" etwas zurückhaltender: 2011 wurden in Eimsbüttel lediglich 27 (!) Wohnungen genehmigt, 2012 waren es immerhin 105. Stellt man dem den wachsenden Bedarf an geförderten  Wohnungen durch den Auslauf der Bindefristen für den sozialen Wohnungsbau  gegenüber, so ist das nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Zahl der öffentlich geförderten Wohnungen in Eimsbüttel betrug im Jahr 2012 nur noch 7.188. Bis 2017 werden allerdings 2.919 gebundene Wohnungen aus der Mietpreisbindungen fallen, was einem Rückgang von 40,6 % gegenüber 2012 entspricht! Und wenn geförderte Wohnungen neu gebaut werden, dann kaum im Kerngebiet, sondern fast nur noch an den "Rändern". Resultat: Vor allem ältere Menschen können die häufig explodierenden Mieten nicht mehr zahlen, müssen umziehen und werden ihrer angestammten sozialen und räumlichen Kontakte beraubt.

Fatale Entwicklungen stellt das Wohnungsbauprogramm bei der Preisentwicklung fest: Im Jahr 2008 lag der Median für ETW bei 2.092 Euro/m2 Wohnfläche (Hamburg: 1.923 Euro/m2). Bis 2012 gab es einen kontinuierlichen Anstieg auf 3.017 Euro/m. Das sind  44 % ! Im Mietpreisbereich ging die Entwicklung auch deutlich nach oben. Mit einem Median von 11,00 Euro/m2 liegen die Angebotsmieten in Eimsbüttel etwa um 1,25 Euro/m2 über dem Hamburger Durchschnitt.  Im Kerngebiet ist das natürlich noch viel dramatischer. Zunehmend Probleme bereitet auch das Auseinanderdriften der Angebots- und Nachfragestruktur: Mehr als vier Fünftel der Haushalte sind Ein- und Zweipersonenhaushalte, aber nur rund die Hälfte des Bestandes sind  kleine und mittelgroße Wohnungen, wie die AutorInnen feststellen. Schaut man in die Inserate der Wohnungsbaugesellschaften, sieht man fast nur Großwohnungen ab 90 m2, die logischerweise mehr Profite abwerfen als Kleinwohnungen.

Die Situation in Eimsbüttel verlangt nach neuen Wegen. Zwar finde Wohnungsneubau statt , so das Programm,  "dies jedoch vornehmlich im hochpreisigen Bereich und im Eigentumssektor". Die AutorInnen sehen deshalb die Notwendigkeit, in allen Stadtteilen einen entsprechenden Anteil öffentlich geförderter Wohnungen zu realisieren, um "der zunehmenden Spaltung der Stadt entgegenzuwirken und die durchmischten Strukturen als Grundlage für lebendige Nachbarschaften zu erhalten." Es sollen deshalb folgende Richtwerte für den geförderten Wohnungsneubau gelten: 30 % Anteil öffentlich geförderter Wohnungen bei jedem Vorhaben, 50 % Anteil öffentlich geförderter Wohnungen bei Vorhaben im Rahmen eines neuen Bebauungsplans, sowie 100 % Anteil öffentlich geförderter Wohnungen bei Liegenschaftsflächen. Das ist ein tatsächlich mutiger und offensiver Ansatz, den unsere Fraktion auch seit längerem  einfordert. Klar ist, dass wir uns konsequent für dessen Umsetzung einsetzen werden. Für unsere Arbeit im Stadtplanungsausschuss heißt das: Keine Zustimmung für Bebauungspläne, die diese Kriterien nicht erfüllen!

Einen weiteren, neuen Akzent setzt der vorliegende Entwurf, indem erstmalig die Notwendigkeit einer planerischen Berücksichtigung von "öffentlich-rechtlicher Unterbringung" eingeräumt  wird. Nicht zuletzt die öffentliche Diskussion über Unterbringung von Flüchtlingen in Eimsbüttel  haben dieses Thema in das Wohnungsbauprogramm gehievt. In diesem Zusammenhang möchte ich an unseren vielbeachteten  Antrag für ein "menschenwürdiges Leben und Wohnen von Flüchtlingen in Eimsbüttel" erinnern, an dem die anderen Parteien nicht mehr vorbeikommen, augenscheinlich auch nicht die Bezirksverwaltung. Zwar haben SPD und Grüne auf der letzten Bezirksversammlung rumgedruckst und sich gewunden, um ihn nicht beschließen zu müssen, aber er hat seine Spuren hinterlassen. Er wird jetzt im Sozialausschuss behandelt. Da lesen wir im "Hamburger Abendblatt" die Absichtserklärung von BA-Leiter Sevecke, 60 Wohnungen für Flüchtlinge nahe Hagenbecks Tierpark zu bauen. Diese Erklärung haben wir begrüßt, signalisiert sie doch ein gewisses Umdenken, das sich im vorliegenden Entwurf auch wiederfindet. Dazu heißt es: "Die unter dem Oberbegriff öffentliche Unterbringung fallenden Berufsgruppen sind vielfältig und hinsichtlich ihrer Wohnraumanforderungen differenziert zu betrachten. Zu nennen sind u.a. asylsuchende Menschen, Frauen nach der Entlassung aus dem Frauenhaus, in die Gesellschaft einzugliedernde Personen (z.B. Haftentlassene, aus Hilfen zur Erziehung und Hilfen für junge volljährige Entlassene) oder Langzeitobdachlose."  Gedacht wird auch an Auszubildende, für die es schwer ist, sich in Hamburg eine Wohnung zu besorgen.

Der Anstieg der asylsuchender Menschen in Deutschland (August 2013 = 62.464 Personen, Anstieg gegenüber dem Vorjahr ist 87,7 % !) macht es erforderlich, über neue Lösungen in der "Unterbringungsfrage" nachzudenken. Die Bundesrepublik, als Rüstungsexporteur auf Platz drei der Weltrangliste, exportiert Waffen und "importiert" dafür – das darf niemanden wundern – Flüchtlinge.  Und es sieht momentan nicht danach aus, als würden in den nächsten Jahren diese Zahlen zurückgehen.  Bürgermeister Scholz und Innensenator Neumann,  Hardliner in der Hamburger Flüchtlingspolitik, verhalten sich  um so unerträglicher, je mehr uns die tragischen Ereignisse von Lampedusa erschüttern und die Zahl der Toten weiter in die Höhe schnellt.Abschließend ist anzumerken, dass dem Wohnungsbauprogramm ein 260-seitiger Anhang zu den 120 Wohnungsbaupotenzialflächen angefügt ist, die ausführlich beschrieben und dokumentiert werden. Sobald diese Dokumente im Netz verfügbar sind, werden wir das bekanntmachen.

Beschlossen werden soll das Programm auf der BV-Sitzung im Dezember. Unsere Fraktion wird aller Voraussicht nach dem Programm zustimmen.

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