Mietenspirale stoppen: Das sagen die Experten

Helli Laab

Am 19.1.2012 fand im Rathaus eine Anhörung im Stadtentwicklungsausschuss i.Z. mit einem Antrag der

Linke. „Schutzschirm für MieterInnen/Mietenspirale stoppen“ statt.

Gehört wurden Eckhardt Pahlke vom Mieterverein zu Hamburg, Marc Meyer von Mieter helfen Mietern,

Heinrich Stüven vom Grundbesitzerverband, zwei oder drei Wirtschaftsanwälte bzw. Vertreter der

Wohnungswirtschaft und zwei Hochschullehrer - einer davon, Prof. Manfred Wickel, brachte einen

besonders wichtigen Gesichtspunkt zum Thema Modernisierungskosten ein.

Natürlich war klar, dass die Wirtschaftsvertreter vor einem Eingriff in den Mietspiegel warnten - der wäre

gut ausbalanciert - und mehrere andere Experten, darunter die der Mietervereine, darauf hinwiesen, dass

er eine mietentreibende Wirkung hat, weil nur Neuvermietungen darin eingehen. Von zweien wurde die

Möglichkeit angesprochen, ihn an die Inflationsrate zu koppeln.

Am 19.1.2012 fand im Rathaus eine Anhörung im Stadtentwicklungsausschuss i. Z. mit einem Antrag der Linken „Schutzschirm für MieterInnen/Mietenspirale stoppen“ statt.

Gehört wurden Eckhardt Pahlke vom Mieterverein zu Hamburg, Marc Meyer von Mieter helfen Mietern, Heinrich Stüven vom Grundbesitzerverband, zwei oder drei Wirtschaftsanwälte bzw. Vertreter der Wohnungswirtschaft und zwei Hochschullehrer - einer davon, Prof. Manfred Wickel, brachte einen besonders wichtigen Gesichtspunkt zum Thema Modernisierungskosten ein.

Natürlich war klar, dass die Wirtschaftsvertreter vor einem Eingriff in den Mietspiegel warnten - der wäre gut ausbalanciert - und mehrere andere Experten, darunter die der Mietervereine, darauf hinwiesen, dass er eine mietentreibende Wirkung hat, weil nur Neuvermietungen darin eingehen. Von zweien wurde die Möglichkeit angesprochen, ihn an die Inflationsrate zu koppeln.

Herr Stüven betonte, dass die fehlende baurechtliche bzw. gesetzliche Stabilität Investitionen in den Wohnungsbau untergräbt, gar nicht so sehr fehlende finanzielle Anreize. Büroumbau würde 80% der Kosten von Neubau verursachen. Kleine Dienstleister im Wohngebiet machten Wohnen dort attraktiv, das müsste man berücksichtigen. Er möchte kleinere Wohnungen gebaut wissen.

Eine Vertreterin der Wohnungswirtschaft sprach von Renditen von 4-5% im Wohnungsbau (Antje Schellner flüsterte mir zu, eher 20%) und gab einige andere Phantasiezahlen zum besten.

Der Vorschlag, Mieten an Einkommen zu koppeln, wurde eher skeptisch aufgenommen, allerdings wies Heike Sudmann darauf hin, dass Mischberechnungen wie in manchen Einkaufszentren machbar wären, also die Mieter eines Hauses könnten - um die soziale Mischung zu gewährleisten - durchaus verschiedene Quadratmeterpreise bezahlen. Das wurde auch als Möglichkeit gesehen für Wohnungsgenossenschaften, wenn die sanieren wollen und ein Teil der Altgenossenschaftler kann die neuen Mieten nicht mehr bezahlen.

Die Härtefallabwägung, die bis vor kurzem Mieter vor für sie untragbaren Sanierungskosten geschützt hat, sollte wieder eingeführt werden.

Marc Meyer sprach aus, dass sich Normalverdiener keine Wohnungsneuanmietung mehr leisten könnten. Energetische Sanierung diene dem Klimaschutz und habe im Grund im Mietrecht nichts verloren - ein Gesichtspunkt, der auch von Prof. Wickel betont wurde - ebenso wenig wie das Schielen auf "Investitionsanreize". Wenn in den letzten 30 Jahren zuwenig Wohnungen gebaut wurden, dann deshalb, weil nicht die Renditen im Wohnungsbau zu niedrig, sondern anderswo zu hoch gewesen wären. Der § 5 WirtschaftsstrafG (Wucherparagraph) solle wieder zum Tragen kommen. Das verlangten auch zwei andere Experten. De facto kann momentan der Vermieter bei Neuvermietungen die Miete beliebig festlegen, auch das treibe natürlich den Mietenspiegel. Er sprach auch die unbegrenzte Dauer der Modernisierungsumlage an. Keine Mietobergrenzen für verharzte Menschen und Verschärfung des Zweckentfremdungsgesetzes waren weitere Forderungen seinerseits.

Herr Pahlke betonte den Zusammenhang von zu wenig Neubau und zu hohen Mieten. Er fands beängstigend, dass jährlich 3000 Sozialwohnungen aus der Bindung fallen und nur 2000 neue Sozialwohnungen dazukommen sollen. Der Mietenspiegel sei schon in den letzten 30 Jahren doppelt so schnell gestiegen, wie die Inflationsrate. Die Mieter sollten sich mehr auf die Hinterbeine stellen und nichtjede Mieterhöhung akzeptieren, einknicken, ohne sich auch nur juristischen Rat zu holen. Die Zweckentfremdungsverordnung sei wichtig, und müsse durch die Behörde geahndet werden - er sprach von 30000 WE die illegal in Gewerberaum umgestrickt worden wären. Zu Modernisierungskosten verlangte er die „Drittellösung (1/3 Staat, 1/3 Vermieter und 1/3 Mieter) - wenn nicht überhaupt warmmietenneutral. Der § 559 solle ersatzlos gestrichen werden, weil er indirekt ohnehin in den Mietspiegel einfließe.

Prof. Wickel meinte, dass soz. Erhaltensverordnungen gut seien, aber nicht vor Mietsteigerungen schützten. Er will gesetzliche Kontrolle von Mieterhöhungen. Zur energetischen Sanierung betonte er, dass das nicht Aufgabe des Mietrechts sei und vor allem: Er könne sich vorstellen, auch hier das Verursacherprinzip aus dem übrigen Umweltrecht zugrunde zu legen, d.h. der Vermieter als Betreiber der (Heiz)anlage wäre zuerst in die Pflicht zu nehmen. Investition in den Klimaschutz gehe ja auch in den Gebäudewert ein und damit in den Mietenspiegel.

Ein weiterer Experte betonte, dass die Stadt selber bauen solle, Objektförderung wäre wichtig und die Kosten der Unterkunft sollen durch Zuschüsse erhöht werden, um Verdrängung von Betroffenen zu verhindern.

Andy Grote, SPD-Mitglied des Stadtentwicklungsausschusses äusserte als kleine Verbeugung vor einer Vertreterin der Wohnungswirtschaft, er möchte nichts unternehmen, was Neubautätigkeit stören könne, was Investitionen behindere (sprich: die Rendite mindere), ich fürchte, er hat das nicht ironisch gemeint. Immerhin fragte er aber doch nach Mietobergrenzen. Ausserdem meinte er recht leise, die SPD würde in der Frage der Umlegbarkeit von Modernisierungskosten was machen "da kommen wir kaum drum rum".

Wenn man dann noch in Rechnung stellt, dass einer der juristischen Experten so nebenbei bemerkte, der BGH erwäge, die vom Mieter zu tragende Modernisierungsumlage aufs Doppelte der Heizkostenersparnis zu begrenzen und ein CDU-Mitglied des Ausschusses äusserte, er wäre bereit, Mietensteigerungen an den Preisindex zu koppeln - dann wäre ja gedämpfter Optimismus angesagt. Jetzt braucht die Expertenmeinung nur noch gegen die geballte Macht der Profiteure der bisherigen Missstände umgesetzt werden!

Helli Laab

 

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