Anfrage §27 Gutzeit | Einsatz von Unkrautvernichtungsmittel, wie Glyphosat u.a. auch an Eimsbüttels U- Bahn-Gleisen

Peter Gutzeit

[ Antworten der Behörde kursiv ]

Einsatz von Unkrautvernichtungsmittel, wie Glyphosat u.a. auch an Eimsbüttels U- Bahn-Gleisen

Die Anfrage wird – von der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation – wie folgt beantwortet:

Die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auf Nichtkulturland ist nur nach Genehmigung durch die zuständige Behörde möglich. Unter Nichtkulturland sind Flächen zu verstehen, die nicht landwirtschaftlich, gartenbaulich oder forstwirtschaftlich genutzt werden. Gleise oder ein Schienenbett sind dem Nichtkulturland zuzuordnen. Die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auf Nichtkulturlandflächen muss beantragt und von Seiten der zuständigen Behörde genehmigt werden. In Hamburg genehmigt dies die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI).

Kein Pflanzenschutzmittel wird in Deutschland häufiger eingesetzt als Glyphosat. Dieses Pflanzenschutzmittel, 1973 von Monsanto erfunden, ist wegen des Verdachts auf gesundheitliche Schäden umstritten. Die Weltgesundheitsorganisation ist der Meinung, dass Glyphosat „wahrscheinlich“ krebserregend sei.

In der deutschen Politik gibt es dazu keine einheitliche Position. Bei der Glyphosat- Zulassungsverlängerung in der EU stimmte 2017 Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) mit einem umstrittenen „Ja“, was eine Verlängerung der Glyphosatgenehmigung in der EU bis 2022 zur Folge hatte.

Glyphosat wird zur Unkraut- und Pflanzenvernichtung in großen Mengen bei der Deutschen Bahn zur Pflege des Schienennetzes eingesetzt. Das Unternehmen teilte im August d.J. mit, dass ab 2020 der Einsatz des Herbizids um die Hälfte reduziert werden soll (Zeit-Online, 30.08.2019). Außer der Deutschen Bahn betreibt auch die Hamburger Hochbahn Aktiengesellschaft (HHA) ein Schienennetz von ca. 106 km, das durch dicht besiedelte Gebiete und Bahnhöfe führt.

Die HHA führt auch im Bezirk Eimsbüttel diese Arbeiten durch. Vor diesem Hintergrund bittet die Fraktion DIE LINKE die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) um die Beantwortung folgender Fragen:

1. Ist der Behörde bekannt, dass das Schienennetz der HHA mit Unkrautvernichtungsmittel besprüht wird, um das Schienenbett von Pflanzen und Unkraut freizuhalten?

  1. Wenn ja, handelt es sich bei dem Mittel um Glyphosat?

  2. Wenn nein, aus welchen Inhaltsstoffen besteht der beobachtete Sprühnebel bei den regelmäßigen Besprühungen der Gleisanlagen?

Die Hamburger Hochbahn AG (Hochbahn) bringt einmal jährlich im Mai bzw. Juni ein Mittel zur chemischen Vegetationskontrolle gezielt im Schwellenbereich der Gleisanlage, auf Dämmen und Einschnitten mittels eines Spritzzuges maschinell aus. Hierbei handelt es sich um ein Pflanzenschutzmittel mit dem Handelsnamen „Glyfos SUPREME“, „Chikara“ bzw. „Tender GB Ultra“. Ein Teil dieser Pflanzenschutzmittel enthält den Wirkstoff Glyphosat. Außerdem finden im Herbst und Frühjahr kontinuierlich Wasser-Spritzfahrten zur Reinigung des Schienenkopfes von Blattwerk statt. Diese Spritzfahrten erzeugen einen Sprühnebel, welcher ausschließlich aus reinem Wasser besteht.

2. Ist der Behörde bekannt, in welchem Zeitabstand und in welchen Mengen die Unkrautvernichtung der HHA stattfinden?
a. Wenn ja, wie oft im Jahr und mit welchen Mengen?

Folgende Mengen wurden im Jahr 2019 mittels Spritzzug in den Freianlagen (Gleisbereich auf Dämmen Glyfos SUPREME Chikara und Einschnitten) auf insgesamt 42,9 ha ausgebracht: 246,6 Liter 7,7 Kg

Im Übrigen siehe Antwort zu 1.

3. Ist der Behörde bekannt, ob die Besprühung auch an oder in Bahnhöfen, am Rand von Kleingärten - die an Bahndämmen liegen, an Schulen und über Flächen der Wochenmärkte (Isestraße) durchgeführt wird?

  1. Wenn ja, sind die Besprühungen als gesundheitlich unbedenklich einzustufen?

  2. Wenn nein, warum werden solche Unkrautvernichtung-Maßnahmen nicht mit den Verkehrsbetrieben kommuniziert?

Die Hochbahn bringt einmal jährlich im Mai bzw. Juni ein Mittel zur chemischen Vegetationskontrolle gezielt im Schwellenbereich der Gleisanlage auf Dämmen und in Einschnitten mittels eines Spritzzuges maschinell aus. Von der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln dürfen allerdings keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier ausgehen. Bevor ein Pflanzenschutzmittel auf den Markt kommt, muss es ein zweistufiges Verfahren durchlaufen. Die erste Stufe ist die Wirkstoffzulassung auf europäischer Ebene. In der zweiten Stufe wird das Pflanzenschutzmittel national zugelassen. Die Zulassung erfolgt durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) im Einvernehmen mit dem Umweltbundesamt (UBA), dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und dem Julius-Kühn Institut (JKI). Im Rahmen dieses Verfahrens prüfen die beteiligten Be- hörden, welcher Belastung unbeteiligte Dritte im ungünstigsten Fall ausgesetzt werden und ob diese Belastung ein gesundheitliches Risiko darstellt. Im Verfahren werden alle vorhandenen Studien und Hinweise geprüft, ausgewertet und bewertet. Falls Risiken erkennbar sind, werden diese mit Hilfe von Auflagen und Anwendungsbestimmungen ausgeschlossen. Falls dies nicht möglich ist, wird vom BVL keine Zulassung erteilt.

4. Wie wird die Steuerung der Besprühung ausgeführt

  1. Manuelle Steuerung durch die mitfahrenden Mitarbeiter*innen?

  2. Durch eine Automatik/Software o. ä.?

Die Ausbringung erfolgt maschinell automatisiert in Abhängigkeit zur geringen Fahrgeschwindigkeit mit einem eigenen Spritzzug.

5. Zu welchen Wochen-, Tages- oder Nachtzeiten werden diese Arbeiten durchgeführt?

Die Ausbringung erfolgt einmal jährlich im Mai bzw. Juni zu betriebsarmen Zeiten bzw. in der nächtlichen Betriebsruhe.

6. Werden die arbeitsausführenden Mitarbeiter*innen vor dem Sprühnebel geschützt?

  1. Wenn ja, in welcher Form und nach welchen Richtlinien?

  2. Wenn nein, warum nicht?

Das BVL schreibt mit der Zulassung eines Pflanzenschutzmittels den Einsatz persönlicher Schutzausrüstung beim Umgang mit Pflanzenschutzmitteln vor. Das BVL hat hierzu eine Richtlinie herausgegeben(siehe:https://www.bvl.bund.de/SharedDocs/Downloads/04_Pflanzenschutzmittel/RiLi_Schutzausru estung.pdf?__blob=publicationFile&v=3)​​​​​​​.

Professionelle Anwender müssen zudem sachkundig im Sinne des Pflanzenschutzgesetzes sein. Damit verbunden sind eine Grundausbildung zum Erreichen der Sachkunde, sowie alle drei Jahre eine Fortbildung zum Erhalt der Sachkunde. Im Übrigen siehe Antwort zu 4.

7. Wie schätzt das Fachamt den Umstand ein, dass die Unkrautvernichtung an den Schienen nur wenige Meter entfernt von den Gemüsebeeten vieler Kleingärtner in Eimsbüttel entfernt durchgeführt wird?

Es sind gemäß der Bekanntmachung des BVL vom 27. April 2016 bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln ausreichende Abstände zu Wohngebieten, Garten-, Freizeit und Sportflächen einzuhalten. Die vom BVL definierten Mindestabstände gelten für die Spritz- oder Sprühanwendung von Pflanzenschutzmitteln. Entscheidend ist dabei die Ausrichtung der Düsen: Bei der Anwendung senkrecht nach unten beträgt der Abstand mindestens 2m. Bei seitwärts gerichteter Anwendung beträgt der Mindestabstand 5m.

Über diese geregelten Abstände hinaus hat die zuständige Behörde die Anwendung unter der Auflage erteilt, dass die Anwendung von Glyphosat ausschließlich im Gleis-, jedoch nicht im Böschungsbereich zulässig ist. Somit wird eine weitere Abdrift auf andere Flächen zusätzlich verhindert. Im Übrigen siehe Antwort zu 3.

8. Gibt es bei der HHA ähnliche Bemühungen wie bei der Deutschen Bahn, die den Gebrauch von Herbiziden in naher Zeit deutlich reduzieren oder ganz einstellen will?

Das Thema Nachhaltigkeit ist für die Hochbahn Kernelement der Unternehmensstrategie und Unternehmenskultur. Die Hochbahn prüft daher zusammen mit Industriepartnern kontinuierlich Alternativen. Thermische Vegetationskontrollen als Alternative zur chemischen Vegetationskontrolle sind aufgrund zahlreicher Einbauten im Gleisbereich bei der Hochbahn nicht geeignet. Mechanische Alternativen bedingen die Reinigung bzw. den Austausch des Schotterbettes und sind neben deutlich höheren Instandhaltungskosten mit größeren Unterbrechungen des U-Bahn Betriebes verbunden. Nach Kenntnisstand der Hochbahn ist im Bereich der chemischen Vegetationskontrolle derzeit kein Produkt mit ähnlicher Wirksamkeit auf dem Markt verfügbar.


Peter Gutzeit, Mikey Kleinert, Manuela Pagels, Ralf Peters und Roland Wiegmann
(Fraktion DIE LINKE. in der Bezirksversammlung Eimsbüttel)

Für Rückfragen:Peter Gutzeit

Peter Gutzeit

c/o DIE LINKE. Fraktion in der Bezirksversammlung Eimsbüttel
Kieler Straße 689, Hinterhaus, 22527 Hamburg
+49 (0) 163 / 1533 448 (mobil)
+49 (0) 40 / 3022 7177 (Fraktionsbüro)
[Beide Tel.-Nr. sind mobil per Direkt-Click wählbar]
peter.gutzeit@linksfraktion-eimsbuettel.de


Hier erhalten Sie diese Anfrage nach §27 BezVG: "Einsatz von Unkrautvernichtungsmittel, wie Glyphosat u.a. auch an Eimsbüttels U- Bahn-Gleisen" als Download-PDF.

Hier erhalten Sie die Pressemitteilung: "Stopp der Unkrautvernichtung mittels Glyphosat durch die HHA" als Download-PDF.